Vorsteuerabzug: Kein Anspruch nach Fristversäumnis

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem aktuellen Urteil über die unionsrechtliche Zulässigkeit nationaler Fristen für den Vorsteuerabzug entschieden. Der Fall betraf eine bulgarische Gesellschaft, die den Vorsteuerabzug für ältere Rechnungen beantragte, jedoch eine nationale Frist von zwölf Monaten überschritten hatte, was zur Ablehnung ihres Antrags führte.

Die Klägerin erwirbt Grundstücke und lässt darauf Gebäude errichten. Zwischen 2017 und 2019 erhielt sie im Rahmen eines Immobilienprojekts in Bulgarien 71 Eingangsrechnungen (mit Mehrwertsteuer) über insgesamt etwa 60.050 EUR. Erst im November 2019 registrierte sie sich für Mehrwertsteuerzwecke und reichte Mehrwertsteuererklärungen ein.

Im Zuge der Covid-19-Pandemie verlängerte die bulgarische Regierung die Fristen für die Erklärung und Entrichtung bestimmter Steuern. Die Mehrwertsteuer war hiervon jedoch ausgenommen. Mit ihrer im Januar 2021 eingereichten Mehrwertsteuererklärung für Dezember 2020 machte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Jahre 2017 bis 2019 geltend. Nach bulgarischem Recht ist der Vorsteuerabzug jedoch nur innerhalb einer zwölfmonatigen Ausschlussfrist nach Entstehung des Anspruchs möglich. Da diese Frist im November 2020 abgelaufen war, verweigerte die bulgarische Finanzbehörde den Vorsteuerabzug.

Die Klägerin begründete die verspätete Geltendmachung mit einer infektionsbedingten Quarantäne ihres Buchhalters und einem Fehler von dessen Vertreter. Zudem wies sie darauf hin, dass andere Steuerfristen aufgrund der Pandemie verlängert worden seien, nicht aber die der Mehrwertsteuer. Nachdem bulgarische Gerichte die Entscheidung der Finanzbehörde bestätigt hatten, gelangte der Fall schließlich vor den EuGH.

Die Europarichter urteilten, dass die Verweigerung des Vorsteuerabzugs rechtmäßig war. Sie erklärten die zwölfmonatige Ausschlussfrist für unionsrechtskonform, da sie mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der steuerlichen Neutralität vereinbar sei. Der Einwand der Klägerin, dass die Quarantäne ihres Buchhalters die Fristüberschreitung verursacht habe, reichte dem EuGH nicht aus, da das Unternehmen nach seiner Registrierung zwölf Monate Zeit hatte, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen.

Der EuGH stellte darüber hinaus fest, dass nationale Fristen für verschiedene Steuerarten unterschiedlich verlängert werden können und dass der Verzicht auf eine Verlängerung der Mehrwertsteuerfrist in diesem Fall die Neutralität des Steuersystems nicht verletzte.

Hinweis: Das Urteil zeigt, dass nationale Ausschlussfristen für den Vorsteuerabzug unionsrechtskonform sind, solange sie verhältnismäßig sind und der Rechtssicherheit dienen.

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(aus: Ausgabe 01/2025)